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Kultur, Kohlenstoffbindung und Biodiversität im Obstwald Oberhard

11 Millionen Bäume in 25 Jahren gefällt

Die «Eidgenössische Obstbaumzählung» von 1951 weist für die Schweiz einen Bestand von 16,8 Millionen Hochstamm-Obstbäumen aus mit einem mittleren Jahresertrag über 100 Millionen Franken. 1981 waren es noch 5,5 Millionen Bäume. Im Buch «Baummord» erzählt Franco Ruault die Geschichte einer generalstabsmässigen Aktion, welche die Schweizer Landwirtschaft für immer veränderte. Es geht darin um nichts weniger, als die Zerstörung des Schweizer Hochstamm-Agroforstes. Der staatlich organisierten Fällaktionen mit Säge und Sprengstoff fielen zwischen 1950 und 1975 11 Millionen Hochstammfruchtbäume zum Opfer. Eine Katastrophe für das Kulturgut Hochstammbaum und die Ökologie, verbunden mit einem enormen CO2 - Ausstoss. Im Obstwald Oberhard aufersteht in den nächsten Dekaden der Lebensraum für Pflanzen, Tiere und den Menschen, verbunden mit der Bindung von Kohlenstoff aus CO2- in Boden und Holz.

 

CO2-Senke Grünland

Die Schweizer Landwirtschaft verursacht landesweit mehr als 10 % des Ausstosses von Kohlendioxid (CO2). Böden sind ein wichtiger Speicher für organischen Kohlenstoff. Durch landwirtschaftliche Nutzung können die Böden sowohl zur Senke oder Quelle von Kohlendioxid (CO2) werden2 . Die Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland führt auf vielen Böden durch den verstärkten Humusabbau zu erheblichen Klima-relevanten Treibhausgas- und Stickstoffemissionen. Bereits die Umwandlung von Ackerflächen in Dauergrünland, wie sie im Oberhard realisiert wurde, stoppt umgekehrt Humuszersetzung und CO2 Ausstoss und verwandelt den Boden in eine CO2-Senke. Denn unter Dauergrünland findet Humusbildung statt, d.h. der Boden lagert über Jahrzehnte nicht vollständig zersetztes Pflanzenmaterial und damit Kohlenstoff (C) aus dem von den Pflanzen assimilierten CO2 ein (Details3 ).

 

CO2-Senke Holz

Etwa die Hälfte des Gewichts von trockenem Holz ist Kohlenstoff, der bis zur Zersetzung oder Verbrennung gespeichert bleibt. Der Kohlenstoff (C) stammt aus dem CO2. Der Zuwachs ist artspezifisch, standort- sowie altersabhängig. Faustformel: Ein Hektar Wald speichert pro Jahr über alle Altersklassen hinweg ca. 6 Tonnen CO2 4 . Unter Berücksichtigung, dass die Bäume vom Obstwald weniger dicht stehen und dadurch mehr Licht durchdringt, darf davon ausgegangen werden, dass jährlich 1 Historischer Verein Kanton Thurgau, Franco Ruault, ISBN 9783952418680 2 Agroscope: Emissionen aus der Landwirtschaft 3 FiBl: Biologische Boden- Bewirtschaftung als Schlüssel zum Klimaschutz in der Landwirtschaft 4 Stiftung Unternehmen Wald: Wie viel Kohlendioxid (CO2) speichert der Baum bzw. der Wald ca. 8 Tonnen CO25. gespeichert wird. Der regelmässige Schnitt sorgt für mehr Wachstum und Fruchtbildung, was eine zusätzliche Kohlenstoffbindung erzeugt. Zudem lagert das Dauergrünland im und um den Obstwald ebenfalls Kohlenstoff im Boden ein. Spinnt man den Gedanken noch weiter, indem fossile Energiequellen oder Strom ersetzt werden durch die Verwendung vom überschüssigen Holz, liegen diese Werte schnell bedeutend besser. Der Kohlenstoff wird bei der Zersetzung über Jahrzehnte wieder an die Atmosphäre abgegeben (vgl. Lothar-Sturmholz im Teufelskeller und im Habsburger Wald). Wird das Holz verbaut, kann der Kohlenstoff Jahrhunderte gebunden bleiben. Der Kernbau des Nideröst-Hauses, welches das Älteste Europas sein soll, ist 850 Jahre alt. Über die Verweildauer bzw. Zersetzung des Wurzelsystems im Boden ist wenig bekannt.6 Je schlechter die Sauerstoffzufuhr desto geringer der Abbau. Holzreste aus Pfahlbauerzeit haben in feuchtem Boden Jahrtausende überdauert. In jedem Fall überleben die Wurzeln je nach Baumart die Fällung des Baumes und die Wurzeln speichern den Kohlenstoff deutlich länger als das oberirdische Holz. Die beiden Effekte bewirken, dass der Obstwald Oberhard über lange Zeit eine negative CO2-Bilanz aufweist – es wird der Luft mehr Kohlenstoff entzogen, als durch Veratmung freigesetzt wird.

 

Biodiversität

Der Steinkauz ist die bekannteste Art, doch reife Hochstammobstkulturen sind mehr. Stephan Durrer: «Hochstammobstgärten gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Seine Artenvielfalt verdankt der Obstgarten seinem Reichtum an verschiedenen Strukturen: Bäume, Grasland und viele Kleinstrukturen schaffen die «Baumsavanne» der Schweiz, in der sich viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten wohlfühlen.»7 Die Biodiversität ist jedoch nicht nur Selbstzweck: Ein ökologisch ausgerichteter Hochstamm-Obstbau lebt von der Vielfalt der Sorten der Bäume und der Vielfalt der Arten, welche im Obstwald leben. Denn die Vielfalt macht die Massenvermehrung einzelner Arten – sprich Schädlingsbefall – unwahrscheinlich. Leben z.B. genügend Hermelin und Mauswiesel im Obstwald, bleiben die Schermäuse unter Kontrolle. Im Obstwald Oberhard werden diese Arten mit Stein- und Asthaufen gefördert (Monitoring8 )

 

Johannes Jenny

Apfel am Baum

Verein Obstwald

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